Die meisten Kinder und Jugendlichen verbringen viel Zeit mit der Nutzung digitaler Medien: Kommunikation per WhatsApp, Videos anschauen bei TikTok oder YouTube, Interaktion in den Sozialen Medien, Informationssuche im Internet oder auch Musik hören und Online-Spiele - die Möglichkeiten und Verlockungen sind nahezu unendlich. Obwohl sich junge Menschen, die Generation der Digital Natives, scheinbar mühelos und sicher mit Smartphone und Tablet in den digitalen Welten bewegen, zeigt die neueste internationale Vergleichsstudie ICILS, dass ein großer Teil der Achtklässler in Deutschland (40 Prozent) lediglich grundlegende computer- und informationsbezogene Kompetenzen besitzt. Damit haben die digitalen Kompetenzen gegenüber der vorletzten Studie von 2013 sogar abgenommen.
Aus der Sicht von Professor Dr. Jörg Stratmann, der an der Pädagogischen Hochschule Weingarten über Medienpädagogik in der Schule forscht und lehrt, sind die Kompetenzen vieler Schülerinnen und Schüler „eher unzureichend“. Auch wenn viele in der Lage sind, übers Internet und andere Kanäle Informationen zu einem bestimmten Thema zu finden, können nur wenige diese auch beurteilen, indem Sie zum Beispiel die Quellen überprüfen oder Informationen aus verschiedenen Quellen miteinander vergleichen. „Ich habe die Frage, ob das ausreicht, um zum Beispiel Deep Fakes zu erkennen“, meint Stratmann. Die Ergebnisse der Studie findet er „alarmierend“. Um die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler im Umgang mit digitalen Medien zu verbessern sieht er in erster Linie die Schulen gefordert. „Die Schule ist die einzige Möglichkeit, wo wir systematisch alle Menschen eines Jahrgangs erreichen können“, stellt der Medienpädagoge fest.
Nachdem sich in der Corona-Zeit die technische Ausstattung der Schulen deutlich verbessert hat, geht es nun darum Lehrkräfte, aus- und weiterzubilden, damit sie digitale Medien nicht nur sicher im Unterricht einsetzen können, sondern auch Medienkompetenzen an ihre Schülerinnen und Schüler vermitteln können. Das fängt im Lehramtsstudium an.
Die PH Weingarten, an der Lehrerinnen und Lehrer für die Grundschule, die Sekundarstufe I und für berufliche Schulen studieren, hat im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie große Schritte in diese Richtung gemacht / eine Vorreiterrolle im Land Baden-Württemberg eingenommen. Mit der Einrichtung des CoLiLabs, eines pädagogischen Makerspaces, einer offenen Werkstatt mit einem Video- und einem Podcast-Studio sowie zahlreichen digitalen Tools wie 3D-Drucker und Scanner, VR-Brillen, hat sie die Möglichkeit für Studierende geschaffen, modernste Technik kennen zu lernen und diese einzusetzen um zum Beispiel in Projektgruppen digitale Medien für den Unterricht zu entwickeln. Außerdem wurden die Studienordnungen in einem landesweiten Pilotprojekt umgekrempelt und zwei verpflichtende Medienprojekte für Lehramtsstudierende fest im Studium zu verankern.
In den Projekten geht es um das „Making“. Studierenden sollen lernen, mit moderner Technologie handelnd umzugehen und dabei mediale oder technische Produkte, so genannte Artefakte, herzustellen. So können sie im CoLiLab lernen, einen 3D-Drucker zu programmieren, um damit z.B. Anschauungsobjekte für den Unterricht herzustellen. Oder sie produzieren einen Film und schlüpfen dabei selbst in die Rolle eines Regisseurs oder Kameramanns. Sie überlegen sich, mit welchen Mitteln, z.B. dramatischer Musik, sie die Stimmung im Film beeinflussen können. Durch dieses handelnde Umgehen mit Medien erwerben sie ein tiefergehendes Verständnis für Medien und deren Funktionsweise.
Auf diese Weise werden Studierende durch die Medienprojekte im CoLiLab befähigt, ihren Schülerinnen und Schülern Medienkompetenzen besser zu vermitteln.
Autor: Arne Geertz