
Weingarten / Reutlingen – Die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Pädagogischen Hochschule Weingarten an Wilhelm König sei ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung seiner der Wissenschaft dienenden Leistungen in der Erfassung, Dokumentation und Erforschung von Mundarten, sagte PH-Rektorin Professorin Dr. Karin Schweizer. Die Ehrung sei zugleich ein Moment des Danksagens an König. Mit dem seit 2024 in der Hochschulbibliothek beheimateten Mundartarchiv Wilhelm König sei es der Hochschule möglich, die Bestände in Wissenschaft und Forschung mit einzubeziehen und wissenschaftlich fundierte Ideen für den Umgang mit Dialekt zu entwickeln. Es sei ihr eine große Freude und Ehre, die hohe Auszeichnung an Wilhelm König zu übergeben, so die Rektorin.
Für all jene, die Sprache nicht nur als bloßes Mittel der Verständigung begreifen, sondern als Ausdruck von Heimat, Identität und Kultur, sei heute ein besonderer Tag, sagte Dr. Oliver Knörr, Leiter des Referats Kulturelle und soziale Infrastruktur im Regierungspräsidium Tübingen, der in Vertretung von Regierungspräsident Klaus Tappeser ein Grußwort sprach. Wilhelm König sei in der Vergangenheit für sein jahrzehntelanges Engagement für die schwäbische Mundart mehrfach geehrt worden, darunter mit dem Bundesverdienstkreuz und der Heimatmedaille Baden-Württemberg. „In diesem Jahr haben Sie mit der Staufermedaille des Landes Baden-Württemberg in Gold eine der höchsten Auszeichnungen erhalten, die das Land zu vergeben hat“, so Knörr weiter. Diese Medaille würdige nicht nur Taten, sondern auch die Haltung, sich beständig für das einzusetzen, was oft unbeachtet bleibe – für das Regionale, das Eigentümliche, das Unverwechselbare. Die Regierungspräsidenten Hubert Wicker und Klaus Tappeser hätten sich sehr bemüht, König im Aufbau seines Archivs in Bad Schussenried und später bei dessen Umzug an die PH Weingarten zu unterstützen. Das Mundartarchiv Wilhelm König sei weit mehr als eine Sammlung von Audioaufnahmen, Texten und Dokumenten. „Es ist ein Gedächtnis unserer sprachlichen Vielfalt, ein Ort der Bewahrung, aber auch der Begegnung“, sagte Knörr. Mit seinem unermüdlichen Engagement für die schwäbische Mundart habe König Generationen von Menschen gezeigt, dass Dialekt nicht provinziell, sondern identitätsstiftend und Ausdruck einer tiefen kulturellen Verwurzelung sei. König besitze die Fähigkeit, Brücken zwischen Jung und Alt, zwischen Tradition und Moderne zu schlagen.
„Mit deinem Schaffen hast du nicht nur Literatur – du hast Geschichte geschrieben“, zollte Dr. Raimund Schur, stellvertretender Vorsitzender der Mundartgesellschaft Württemberg e. V., Wilhelm König Respekt und Anerkennung. König habe 1978 die Mundartgesellschaft Württemberg gegründet und sei heute deren Ehrenvorsitzender. Er habe zahlreiche Bücher und Gedichtbände verfasst, sei Organisator der „Reutlinger Mundartwochen“ gewesen und habe sich über viele Jahre in der Herausgeberschaft der Zeitschrift „schwädds“ engagiert. „Mit deinem Wirken hast du Bleibendes für viele Generationen geschaffen“, bedankte sich Schur.
Sie bewundere Menschen wie Wilhelm König, die ihren Dialekt nicht nur bewahrt, sondern ins Zentrum ihres Schaffen gestellt haben, sagte Professorin Dr. Ute Massler, Dekanin der PH-Fakultät II, in ihrer Laudatio. „Wenn wir heute die Ehrendoktorwürde verleihen, dann ehren wir nicht nur eine wissenschaftliche und künstlerische Leistung – wir ehren ein Lebenswerk, das Menschen verbindet, Erinnerungen bewahrt und Identität stiftet.“ Dr. Massler erinnerte an den nicht immer einfachen Lebensweg Königs, der eine Schreinerlehre begann, dann aber nach der Gesellenprüfung durch einen Unfall seine linke Hand verlor. Schon ein Jahr später begann er zu schreiben. In den 1970er Jahren wurde er zur zentralen Figur der schwäbischen Mundartbewegung. Über Jahrzehnte sammelte König alles, was zur Dialektkultur gehört: Bücher, Kalender, Zeitschriften, Anthologien, Schallplatten und Kassetten, Postkarten und sogar einen „badischen Struwwelpeter“ und einen schwäbischen Asterixband. „Sie haben mit Ihrer mehr als 8.000 Exponate umfassenden Sammlung ein Gedächtnis unserer Region geschaffen“, so die Dekanin. Die PH beschäftige sich seit 2019 im Zentrum für Mundart mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Dialekten. „Mit Ihrer Archiv-Schenkung hat dieses Engagement ein starkes Fundament erhalten.“
Er sei stolz auf den Namen „Mundartarchiv Wilhelm König“, sagte König abschließend und bedankte sich für die mit so großer Wertschätzung verbundene Verleihung der Ehrendoktorwürde der PH. „Bis bald“, verabschiedete sich der Geehrte.
Für Begeisterung während der Veranstaltung sorgte das mehrsprachige Lesetheater „Hänsel und Gretel remastered“, mit dem die Erzählerinnen Jacqueline Quint (Sächsisch), Marianne Traunecker (Schwäbisch), der Berlinerisch sprechende Hänsel Michael Steinmetz, die Alemannisch kommunizierende Gretel und die sich auf Kurpfälzisch Respekt verschaffende Hexe Karin Schweizer zeigten, dass Dialekt alles andere als verstaubt ist.
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Text: Barbara Müller